Montag, 31. Januar 2011

"The Proof"

"The Aljazeera
Disclosures prove:

We have
A partner
For peace.

The Palestinians
Don’t have
A partner
For peace."

Anzeige der israelischen Friedensinitiative "Gush Shalom" in Haaretz (28. Januar)

Sonntag, 30. Januar 2011

Entlastet?

In den Ländern rund herum brodelt es. Von offizieller Seite ist in Israel dazu wenig zu hören. Man beobachte die Entwicklungen in Ägypten und andernorts wachsam und mit Sorge, heisst es, und hier und da werden Befürchtungen laut, wie es um den Frieden zwischen Israel und Ägypten unter einem neuen Regime stehen könnte. Vereinzelt scheint man den Unruhen aber geradezu positive Seiten abgewinnen zu können:
Das hervorstechendste Merkmal der Unruhen in diversen Nahost-Ländern ist nach Ansicht des Jerusalem-Post-Kolumnisten Herb Keinon, dass es auffällig nicht um Israel geht. Die ägyptische Revolution, so der Journalist in einem Kommentar von Sonntag, entlarve den "Israel-ist-der-Grund-der-Nahost-Instabilität-Mythos".
Mini-Demonstration vor dem Damaskustor
Demonstrationen in Ägypten, Jemen, Jordanien, Tunesien, Algerien und Marokko und "keine Schreie wie Tod Israel, keine Schilder für die Aufhebung der Gazablockade, keine Sprechchöre gegen Bauprojekte in Ariel". Die Instabilität des Nahe Osten, konstatiert Keinon, geht nicht auf Israels Konto, sie resultiert aus der "arabischen Arbeitslosigkeit, der arabischen Armut und der arabischen Hoffnungslosigkeit auf eine bessere Zukunft". "Fix that and you get stability; ignore that, and you get revolution."
In den Strassen Kairos, Tunis' und Saanas, so Keinos Einschätzung, könne die Welt erkennen, was die Menschen als Hauptbedrohung wahrnehmen, nämlich "ihre eigenen Regierungen", und nicht Israel und die Palästinenser. "Is the West listening? Is Obama?"

Mit Vorsicht zu geniessen

"In dem Masse, in dem die Zuwanderung von Muslimen zugenommen hat, werden Juden anders betrachtet. Plötzlich ist da die Rede von den "christlich-jüdischen Wurzeln des Abendlandes" – so, als ob man die Juden in eine gemeinsame Front gegen die Muslime einbinden müsste. Manche Umarmungen, die wir derzeit von einem Teil der nichtjüdischen deutschen Gesellschaft erfahren, sind mit Vorsicht zu geniessen. Solche Gesten könnten auch funktionalistisch motiviert sein. Gewiss: Die Geschichte der Juden in Deutschland reicht 1700 Jahre zurück: aber Verfolgungen, Ausgrenzungen und Massenmord durchziehen diesen Zeitraum bis in die Neuzeit. "Christlich-jüdische Wurzeln" wird man da schwerlich finden."
Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, zur Rede von den "christlich-jüdischen Wurzeln des Abendlandes" (Süddeutschen Zeitung vom 26.1.)

Massstäbe

"Die unterschiedlichen Massstäbe, die der Westen im Nahen Osten anlegt, werden seit langem von vielen Arabern kritisiert: Israel darf sich praktisch alles herausnehmen, auch das Königshaus in Saudiarabien hat als Verbündeter Narrenfreiheit. So ging es auch in den letzten Wochen: Der Sturz Ben Alis wird aus Washington beklatscht, dem eiskalten Herrscher Mubarak, der sein Volk anspricht, als wären das kleine Kinder, gibt US-Präsident Obama noch eine Chance. So verschafft sich der Westen im Nahen Osten keinen Respekt."
Aus einem Kommentar zur Lage in Nahost, NZZ am Sonntag (30.1.)

Samstag, 29. Januar 2011

Resigniert?

Irgendetwas zwischen Indien, Moschee und Taizé, ist mein erster Gedanke, als ich die kleine äthiopische Kirche betrete. Eigentlich bin ich etwas spät dran, aber ein paar nette Franziskaner nehmen mich auf den letzten Metern zum Kloster in ihrem Bulli mit. "Bitte Schuhe ausziehen" steht an der Kirchentür, und unzählige Paar Schuhe stapeln sich im Eingangsbereich. Die Kirche - ein in allen Bonbonfarben gestrichener Rundbau - ist gut besucht. Auf orientalischen Teppichen hocken, knien, sitzen Menschen, in der Mitte auf ein paar Stühlen die Repräsentanten der diversen Konfessionen.
Extraordinary Prayer of all churches stand auf der Einladung, und  es fiel mir irgendwie schwer, mich zu motivieren.  So gut es ist, dass es immer noch Menschen gibt, die für den Frieden  beten, den dieses Land so nötig hat: nach nicht mal einem halben  Jahr  denke ich manchmal "Schon wieder ein Friedensgebet?". Vielleicht, denke ich, nachdem ich mich dann doch aufgemacht habe, denken auch die einheimischen Christen so. Die grosse Menge der Besucher und Beter sind nämlich so wie ich: Ausländer!

Freitag, 28. Januar 2011

"Sattsam bekannt"


"Die das Westjordanland abgrenzende, von Israel mit Sicherheitsgründen legitimierte gigantische Sperranlage lässt keine Zweifel offen: Da hat sich der Stärkere durchgesetzt. Wer, wie die grosse Mehrheit der palästinensischen Bewohner Cisjordaniens und Ostjerusalems, die Auswirkungen dieser physischen Einkesselung täglich zu spüren bekommt, lernt allenfalls mit dieser drastischen Einschränkung seiner Lebenssphäre umzugehen. Als Teil einer einvernehmlichen, gerechten und nachhaltigen Lösung wird eine solche Trennmauer von den Verlierern aber ganz sicher nicht empfunden (…)
Als ob diese Schmach nicht schon gross genug wäre, lässt der seit dem Wochenende gewährte Einblick in die palästinensische Verhandlungsführung eine Kompromissbereitschaft erkennen, die, je nach Standpunkt, als pragmatisch oder verräterisch eingeschätzt wird (…)
Die innerpalästinensische Aufregung bot in Israel zunächst Anlass, sich zurückzulehnen. In der Öffentlichkeit zirkuliert wieder das sattsam bekannte Diktum, wonach die Palästinenser keine Gelegenheit zum Verpassen ihrer Chancen ausliessen. Die bis anhin bekannten Dokumente legen allerdings einen gegenteiligen Schluss nahe."
Martin Woker in einem Kommentar zum am Wochenende von Al-Jazira gewährten Einblick in die letzten zehn Jahre der Verhandlungen um das Heilige Land (NZZ vom 25. Januar)

Offene Türen

Seit Wochen schon hat mein Nachbar jeden Tag "Tag der offenen Tür". Stolz zeigt er mir alle paar Tage die Fortschritte in seinem neuen Zuhause - den polierten Steinboden, die Küche, die ersten Möbel, die "eingezogen" sind. Selbst meine Gäste werden - wie selbstverständlich - eingeladen und bekommen eine private Wohnungsführung. Endlich die erste Nacht im neuen Heim! Bisher hat er mit seiner neunköpfigen Familie auf knapp 50 Quadratmetern gewohnt. Heute sind es 120 Quadratmeter, und jeder Zentimeter des Hauses atmet Geschichte: Mauern aus byzantinischer Zeit, Spuren der Kreuzfahrer, mammelukkische Dekorationen. Irgendwie kann er es kaum fassen. Und endlich, erzählt er mir mindestens dreimal, kommen die Franziskaner, um die neue Wohnung auch einzusegnen - dann ist endlich alles komplett!

Rund 100 Wohnungen haben die Franziskaner in den letzten drei Jahren renoviert. Vermietet werden sie zu sehr günstigen Preisen an die einheimischen Christen - damit gerade die jungen Familien nicht abwandern. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 2 Millionen US-Dollar in die Renovationsprojekte investiert, und manche Strassen im christlichen Altstadtviertel gleichen einer Grossbaustelle - inklusive Baumlärm rund um die Uhr.
(Bilder: Marie-Armelle Beaulieu)

Donnerstag, 27. Januar 2011

Donnerstag, 20. Januar 2011

Tu BiSchewat

Wieder etwas gelernt: Nicht ein Neujahrsfest, sondern gleich vier feiert man im Judentum. Heute zum Beispiel das "Neujahr der Bäume", Tu BiSchewat. Übersetzt heisst "Tu BiSchewat" so viel wie der 15. Tage des Monats Schewat. Er markiert das Ende der Regenzeit – der Regenerationsphase für die Bäume, damit sie im neuen Frucht-Jahr auch reichlich Frucht tragen. Und er markierte in früherer Zeit den Wechsel von einem "Zehnt-Jahr" zum nächsten.
"Wenn du eine Stadt viele Tage einengst, sie zu bekriegen, um dich ihrer zu bemächtigen, verdirb nicht ihren Baumbestand, eine Axt gegen ihn zu zücken, denn von ihm sollst du geniessen, du sollst ihn nicht roden: denn ist der Baum des Feldes ein Mensch, dass er vor dir in die Einengung käme?"
(Dtn 20,19 nach Martin Buber
)

Heute wird das Fest sehr unterschiedlich begangen. Es werden Bäume gepflanzt oder 15 Früchte gegessen. Und in diesem Jahr wird das Fest wohl etwas nachdenklicher begangen als üblich. Am "Ende" der Regenzeit liegt die tatsächliche Regenmenge noch deutlich unter dem Jahresdurchschnitt. Und durch den Brand im Carmel-Gebirge – der grünen Lunge des Landes – sind 50 Quadratkilometer Fläche verbrannt: Mehr als fünf Millionen Bäume!

Dienstag, 18. Januar 2011

... zumindest nicht kopflos ...


gesehen in meiner Nachbarschaft

Montag, 17. Januar 2011

Stolze Christen

Einer der Vorwürfe, mit dem sich die Kirche in unsren Ländern nicht selten konfrontiert sieht, ist, dass sie sich nicht ändert, nicht bewegt. Wie anders klingen da die Worte des palästinensischen Christen, der mir erklärt: "Ich bin unter jordanischer Herrschaft geboren, mein Vater in der britischen Mandatszeit und mein Grossvater unter den Osmanen. Ist es da ein Wunder, dass die Menschen hier mehr von der Kirche erwarten als andernorts? Sie ist schliesslich die einzige Konstante hier!" Viele junge Palästinenser, sagt er, sind nicht nur eng mit ihrem Heimatland verbunden, sondern sind stolze Christen mit einer sehr enge Bindung an die Kirche.

Freitag, 14. Januar 2011

"The problem is not in having a bible but in opening it!"
William Shomali, Weihbischof des Lateinischen Patriarchats in Jerusalem

Donnerstag, 13. Januar 2011

"Alptraum im Alptraum"

"Fuck Hamas. Fuck Israel. Fuck Fatah. Fuck UN. Fuck USA! Wir, die Jugend von Gaza, haben die Nase gestrichen voll von Israel, Hamas, der Besatzung, den Menschenrechtsverletzungen und der Gleichgültigkeit der internationalen Gemeinschaft!" - klare Worte, die eine Gruppe von jungen Gaza-Bewohnern via Facebook, Twitter und Co an die Welt jenseits der Abriegelung richtet. Das "Manifest für Wandel" beschreibt den eindringlichen Wunsch vieler Gaza-Bewohner: Einfach normal leben. Ohne Gewalt. Ohne religiösen oder sonstiges Zwang. Als "Alptraum im Alptraum" beschreiben sie ihre Situation. Änderung nicht in Sicht.


"Wir wollen drei Dinge. Wir wollen frei sein. Wir wollen in der Lage sein, ein normales Leben zu leben. Wir wollen Frieden. Ist das zu viel verlangt? Wir sind eine Friedensbewegung, die aus jungen Leuten in Gaza und Unterstützern an anderen Orten besteht, und die nicht ruhen wird bis jeder in dieser ganzen Welt die Wahrheit über Gaza kennt, and zwar so, dass keine stille Zustimmung oder laute Gleichgültigkeit mehr akzeptiert wird.
Dies ist das Manifest für Wandel von der Jugend aus Gaza!
Wir werden damit beginnen, die Besatzung zu zerstören, die uns selber umgibt, wir werden aus diesem geistigen Gefängnis ausbrechen und unsere Würde und unsere Selbstachtung wiedergewinnen. Wir werden unsere Köpfe hoch tragen, auch dann, wenn wir auf Widerstand stossen. Wir werden Tag und Nacht daran arbeiten, diese elenden Umstände zu verändern, in denen wir leben. Wir werden Träume bauen, wo wir Mauern begegnen."

O-Ton in voller Länge

Morgens um sechs

Es ist ganz still, morgens um sechs in der Grabeskirche, noch bevor die Messe der Lateiner am Grab beginnt. Für einmal ist es draussen noch dunkler als innen in dem mit Kerzen schwach beleuchteten Kirchenraum. Sogar die erste Touristengruppe - Japaner - ist kaum hörbar. Einzig die Gummisohlen quietschen beim Laufen auf dem unebenen Stein. In den Gesichtern der Gläubigen, die sich um diese morgendliche Zeit versammelt haben, ist es schwer zwischen Müdigkeit und Kontemplation zu unterscheiden, manch einer unterdrückt ein Gähnen. Durch das Fenster in der Kuppel sieht man es draussen langsam heller werden, und keine halbe Stunde später ist es mit den einsetzenden Touristenströmen langsam vorbei mit der Stille. Aber wenigstens für diese kurze Zeit konnte man den Eindruck haben, es handle sich wirklich um einen heiligen Ort - und nicht um einen Marktplatz...

Mittwoch, 12. Januar 2011

Eigenwillige Blüten

Der jüdische Frauenchor singt lateinische Marienlieder, auch das Publikum ist, von ein paar Kirchenvertretern und einer Handvoll Journalisten abgesehen, überwiegend jüdisch-israelisch. Das Thema hingegen ist sehr katholisch: Maria und ihre Spuren im Heiligen Land. Ihnen gilt ein neues Heft des Tourismus-Ministeriums, das den knapp 2,4 Millionen Christen (und mehr als die Hälfte davon Katholiken), die dieses Jahr als Touristen und Pilger kamen, in den kommenden Jahren noch möglichst viele weitere hinzufügen soll.

Verständlich, dass die Tourismusbranche die Christen als Zielgruppe entdeckt hat: Schliesslich liegt im christlichen Markt das grösste Potential, die bis 2015 angestrebten 5 Millionen Besucher jährlich auch tatsächlich zu erreichen. Trotzdem wirkt manch eine Marketing-Idee ein wenig eigenwillig. Wie das Bestreben, das eine Biologin als das "Lilium candidum project" vorstellte. Die "einzig wahre Lilie", die Madonnen-Lilie, die auf vielen Gemälden zum Thema Verkündigung Mariens zu sehen ist, wächst in einigen Gegenden Israels wild. Leider blüht die weisse Schönheit der Natur nach erst im (Marienmonat) Mai. Deshalb arbeiten die Forscher daran, die Blumen so zu programmieren, dass sie bereits im März blüht. Um die Pilger auf dem neuen "Marienpilgerweg" schon zum Fest Mariä Verkündigung mit duftenden Madonnen-Lilien betören zu können.

Montag, 10. Januar 2011

No Ban

"Actions undertaken yesterday (Sunday), 9.1.11, at the Sheperd Hotel were conducted by private individuals in accordance with Israeli law. The Israeli government was not involved.
There should be no expectation that the State of Israel will impose a ban on Jews purchasing private property in Jerusalem. No democratic government would impose such a ban on Jews and Israel will certainly not do so.
Just as Arab residents of Jerusalem can buy or rent property in predominantly Jewish neighborhoods in Jerusalem, Jews can buy or rent property in predominantly Arab neighborhoods in Jerusalem."
Statement des israelischen Ministerpräsidenten (10. Januar)

Sonntag, 9. Januar 2011

"Süsser Kampf"

Als "Leben unter ständigem Druck" beschreibt der neue Pfarrer von Jericho die Lebensbedingungen für seine kleine Minderheiten-Gemeinde. Gegenüber dem Staat Israel müssen die Christen um ihre Rechte wie eine gewissen Bewegungsfreiheit oder Visa für ihren Klerus kämpfen, aber auch seitens der muslimischen Mehrheit besteht ein Druck, der sich etwa durch Konversionsaufrufe bemerkbar macht. Und auch innerhalb der Minderheit ist man vor "Abwerbungsversuchen" nicht gefeit, seit ein amerikanischer Protestant sich in der Nähe niedergelassen hat.
Auch wenn das Zusammenleben derzeit friedlich funktioniere, müsse die christliche Minderheit im Heiligen Land immer wachsam bleiben, sagt der syrische Franziskaner. Schon jetzt ist der Islam im täglichen Zusammenleben eine Herausforderung, etwa wenn es darum geht, dass neben jeder Kirche eine Moschee errichtet wird oder wenn der Muezzin immer lauter ruft. Aber das, sagt er, "ist ein süsser Kampf". Problematisch sei der islamische Fundamentalismus, der jederzeit auftauchen könne, wie etwa die Anschläge in Ägypten zeigen. Keines der Länder der Region, sagt der junge Pfarrer, ist politisch stabil und bietet wirkliche Sicherheit für die christliche Minderheit. Es sei "eine Herausforderung, den Menschen zu sagen, dass sie ihr Land lieben und hier bleiben sollen, während die Bomben näher kommen".

Handarbeit

Baustelle Altstadt. Es heisst ja, Altbauten zu renovieren sei teurer und aufwendiger, als neu zu bauen ... in den engen Gassen der Jerusalemer Altstadt wird dieser Vergleich schön anschaulich!


Alltäglich

Am Morgen, als wir uns auf den Weg nach Jericho machen, steht das Haus zum grössten Teil noch, aber die Bulldozer haben ihre Arbeit schon angefangen. Gegen Mittag, als wir auf dem Rückweg wieder an dem Grundstück vorbeifahren, steht nur noch ein halber Flügel, der Rest ist dem Erdboden gleich. Dafür sichern ein befestigter Sichtschutzzaun und ein geschätztes Dutzend Sicherheitsleute die Abrissstelle. Mindestens so viele Journalisten, Photographen und Abrissgegner beobachten und dokumentieren das Geschehen.

Diesmal handelt es sich um ein historisches Gebäude, das "Sheperd Hotel", in den 1930er Jahren als Residenz des Großmuftis von Jerusalem Mohammed Amin al-Husseini erbaut, später zeitweilig Hautquartier israelischen Grenzpolizei und seit 1985 in Besitz des jüdischen amerikanischen Millionärs Irwin Moskowitz, der auf dem Grundstück 20 Wohneinheiten für jüdische Mieter bauen will.
Diesmal handelt es sich um ein historisches Gebäude. Nach Ocha-Angaben droht aber mehr als jedem vierten Palästinenser in Ostjerusalem der Verlust seiner Wohnung, weil die Bauten nicht von der Stadtverwaltung genehmigt wurden. Akut bedroht sind rund 1.500 Häuser in arabischem Besitz. Seit der Besetzung Ost-Jerusalems im Jahr 1967 und der anschließenden Annexion wurden laut Ocha bereits 2.000 Palästinenser-Wohnungen zerstört, knapp 700 davon in den Jahren 2000 bis 2008.

Donnerstag, 6. Januar 2011

Feiern nach Zeitplan

"Es wird wohl 15-30 Minuten später werden, bis wir in die Grotte können." Der Franziskanerpater, der anhand des "offiziellen Programms" den Stand der Dinge kontrolliert. ist irgendetwas zwischen leicht genervt und gottergeben. "Wenn ich irgendwo in London Weihnachten feiern würde, wäre es mir wohl langweilig", so sein Kommentar.

Noch sind die Kopten unten, reagiert er auf mein fragendes Gesicht. Wenn die rauskommen, dürfen die Syrer - für 20 Minuten. Und dann erst kann die Prozession der Franziskaner in die Geburtsgrotte stattfinden. Die Kopten sind unterdessen aus der Grotte wieder aufgetaucht und feiern in ihrer kleinen Nische weiter, während die Syrer in die Grotte einziehen. Die Griechen - sie waren als erste in der Grotte, feiern unterdessen im Mittelschiff weiter, während die Katholiken eine Wand weiter die Vesper beginnen.

Der Franziskaner, stelle ich am Ende der Vesper fest, lag mit seiner Schätzung nicht sehr viel daneben: Erst als der kleine Chor die dritte Prozessionsrunde durch den Kreuzgang gedreht und zum zweiten Mal alle sieben Strophen von Puer Natus gesungen hat, ist auch die Grotto-Prozession der Franziskaner beendet und können Chor und Zelebranten - ein drittes Mal die sieben Strophen singend - zum feierlichen Segen wieder in die Kirche einziehen...

Mal wieder Weihnachten




... nach den Katholiken nun die Griechen. Der Weihnachts-Einzug des Patriarchen in Bethlehem unterscheidet sich nur unwesentlich: Die Pfadfinder trommeln und dudeln, was das Zeug hält, der Muezzin hält dagegen an, und püntklich zum Einzug der Orthodoxen endet die Epiphanie-Messe der Katholiken. Man könnte als Aussenstehender den Eindruck gewinnen, dass diese Stadt nicht genug bekommen kann...

Mittwoch, 5. Januar 2011

Märtyrer für den Glauben?

Die Betroffenheit ist gross. Und obwohl es ein normaler Werktagsnachmittag ist, sind viele gekommen, um bei den orthodoxen Kopten in Jerusalem der Toten der Anschläge ägyptische Christen in der Sylvesternacht zu gedenken. Fast alle Kirchen Jerusalems sind vertreten, dazu eine Reihe Ordensleute, Vertreter von Islam und Politik. Manch einer der Gläubigen hat Tränen in den Augen. Es herrscht zwar keine Panik im Land, aber schon zum zweiten Mal in drei Monaten sind in der Region Dutzende getötete Christen zu beklagen.


Die Trauer der Menschen ist echt, ebenso überzeugend klingt die einhellige Verurteilung der Gewalt und der Aufruf nach Einheit und Frieden - zwischen den verschiedenen Christen wie auch zwischen den drei grossen Religionen der Region. Das Blut der Märtyrer, sagt der koptische Erzbischof, wird die Gläubigen in ihrem Glauben stärken. Und je mehr Blut genommen wird, desto mehr finden zum Glauben.

Märtyrer. Bei dem Begriff kommt "uns Westlern" bestenfalls die Kirchengeschichte in den Sinn. Wenn wir nicht an islamistische Fundamentalisten denken. Hier in Nahost bekommt der Begriff schlagartig eine andere Bedeutung. Der Versuch scheint einleuchtend, dem sinnlosen gewaltsamen Tod doch noch irgendwie einen Sinn abzugewinnen. Trotzdem: Mir West-Christin bleibt der Begriff zutiefst fremd und mir bleibt ein deutliches Unbehagen bei den Worten des Kopten. Erst vor ein paar Wochen hatte er vor einer Gruppe Studierender gesagt, das Martyrium seiner Kirche sei nicht gross genug - weil der Glaube der Menschen schwinde. Nicht erst im Nachhinein finde ich diese Worte zynisch.

Sonntag, 2. Januar 2011

Toleranzbarometer

Wie kaum eine andere Gruppe im Nahen Osten seien die Christen ein "Barometer für die Toleranz und die Freiheit", notierte kürzlich ein Redaktor der "Jerusalem Post" in seinem Editorial. Ihre Notlage unterstreiche die Spannungen, Feindseligkeiten und Intoleranz. Die Rekordzahl von christlichen Touristen und Pilgern in Israel in diesem Jahr und vor allem an Weihnachten führte er auf den Kontrast zurück zwischen der düsteren Situation der Christen in anderen Nahost-Regionen und ihrer "willkommenen Präsenz hier".
Keine christliche Musik in der Fussgängerzone, Boykottaufruf gegen zu weihnachtliche Lichterketten und das Verbot von Weihnachtsbäumen auf öffentlichen Plätzen in der "jüdischen Stadt" Nazareth-Illit, regelmässige Pöbeleien wie Anspucken oder sogar Steinewerfen gegen Ordenleute in der Jerusalemer Altstadt: "Willkommen" scheinen Christen hier vor allem, wenn sie als Pilger und Touristen kommen und als einer der 3,5 Millionen Besucher einen massgeblichen Wirtschaftszweig des Landes unterstützen.

Mit ihrer bleibenden Präsenz im Nahen Osten und mit ihren Gebeten werden die Christen diesem Teil der Welt Frieden bringen, ist der Redaktor überzeugt, Frieden, von dem alle Kinder Gottes profitieren werden. Wenn man an die Anschläge im Irak oder Ägypten denkt, kann man sich schon fragen, um welchen Preis…