Freitag, 4. Februar 2011

Fremd-Worte

Flüchtling, Camp, Laissez-passer: Nach Rotkäppchen, Zeitungsnachrichten und "Jingle Bells" (Lailat Eid) à la Fairouz steht jetzt "Lokalkultur" auf dem Arabisch-Stundenplan. Eigentlich geht es in der Lektion um Zivilstand und Personendaten. Wohl kaum einem in unsren Breitengraden kämen da Worte wie Flüchtling oder staatenlos in den Sinn. Für Samira sind sie das "Normalste" der Welt. "Ich bin Flüchtling", strahlt sie schon fast in die Runde, "ich lebe in einem Land ohne Staat, ohne Pass". Wie die meisten der hiesigen Flüchtlingscamps nichts gemein haben mit der Assoziation von staubigen Zeltlagern, sondern längst befestigte Wohnquartiere sind, sieht auch Samira nicht nach dem verängstigten, armen Menschen aus, den man vielleicht mit dem Wort Flüchtling verbinden könnte. Samira ist gebildet und hat einen Job. Die Jerusalem-ID macht sie zu einer Privilegierten unter den Palästinensern, und obwohl ihre Familie einen Grossteil ihres Besitzes im 1948er Krieg verloren hat, blieb ihr der Besitz in Ostjerusalem und der Altstadt. Dass für viele Palästinenser an dem eigenen Staat mehr als nur praktische Fragen  um Rechte und Besitz hängen, zeigt das Kinderlied, dass Samira mit uns singt, "Ana tifl filestini".

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