Dienstag, 2. Juli 2013

Sensationsgier?

Ist er es? Ist er es nicht? Seit Tagen geistert eine mit einem schaurig-anschaulichen Beweisvideo versehene Schreckensnachricht durchs Internet, und das gleich in zahlreichen Variationen. In Syrien seien nahe der umkämpften Stadt Homs drei Christen von fanatischen Islamisten enthauptet worden. Mal handelt es sich bei den dreien um Franziskaner (der Orden dementierte umgehend!), mal um einen orthodoxen Bischof und zwei seiner Geistlichen. Mal handelt es sich um einen Eremiten-Priester namens François Mourad – der wiederum nach Angaben des zuständigen Priesters bereits Tage vor dem Enthauptungsdrama beerdigt wurde. Er war zuvor Opfer der Rebellen geworden, die ihn bei einem Übergriff auf ein Franziskanerkloster mit Schüssen getötet hatten In der Region Idlib. Nicht in Homs. Und auch diese nicht weniger dramatische Episode im blutigen Bruderkrieg Syriens hatte bereits am Tag ihres Bekanntwerdens diverse mediale Traditionstränge. So wird aus dem syrisch-katholischen Eremiten etwa kurzerhand ein Franziskaner, wo er doch in einem Franziskanerkonvent getötet wurde. Dass Franziskanerkustos Pierbattista Pizzaballa wörtlich von einem Pater sprach, der nicht Franziskaner war, spielt eine untergeordnete Rolle.
Allzu freiwillig folgt der Mainstream der Medien der brutalen Nachricht, und beim Parallellesen scheint es, als seien der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Als reichten die realen Horrorgeschichten aus Syrien zur Befriedigung nicht mehr aus. Was ist schon ein erschossener Eremit, dessen Leichnam zusammen mit drei Ordensschwestern als letzter von ehemals 5.000 Christen ein Dorf an der innersyrischen Frontlinie verlässt?

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